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17. & 18. Prozesstag im Fall der Tötung von Mouhamed Lamine Dramé 15/09/2024

In dieser Folge dokumentieren wir den siebzehnten und achtzehnten Prozesstag im Fall der Tötung Mouhamed Lamine Dramés am Dortmunder Landgericht. Die zwei Termine fanden am 02. und 04.09.2024 nach einer längeren Prozesspause statt. (Zählt man die Schiebetermine in der Prozesspause mit, wären es der 21. und 22. Prozesstag, wir berücksichtigen in unserer Nummerierung diese Schiebetermine nicht).


Der siebzehnte Prozesstag am 02.09.2024 hat die Phase der Sachverständigen und Gutachter*innen im Prozessverlauf eingeleitet. Im Fokus standen die eingesetzten Taser (Distanzelektroimpulsgerät), deren Einsatzpraktiken ebenso wie technischen Funktionsweisen ein Ausbilder des Landesamtes für Aus-und Fortbildung der Polizei NRW als Sachverständiger im Gerichtssaal erläutert hat. Dabei wurde deutlich, dass auch innerhalb der Einsatzstrategien der Polizei die Taser in jenem Einsatz, der Mouhamed das Leben kostete, nicht in ihren taktischen und technischen Möglichkeiten ausgeschöpft worden sind. Im Umkehrschluss konnte durch diesen Sachverständigen deutlich werden, dass der Einsatz gegen Mouhamed im Grunde vollständig von allen Standards und empfohlenen Vorgehensweisen abgewichen ist, die in der Polizeiausbildung unterrichtet werden.


Auch erläutert wurden Einsatzpraktiken und Wirkungsweise von Pfefferspray sowie der Tötungswaffe MP5. Bei den Erläuterungen aller drei eigesetzten Waffen wird deutlich, dass die Polizeibeamt*innen im konkreten Einsatz über den Gebrauch und die Art der Anwendung der Waffen häufig situativ in Eigenverantwortung entscheiden würden.

In Bezug auf den besonderen Umgang mit Menschen in psychischen Ausnahmezuständen sowie bei Selbstmordgefährdung erwiderte der geladene Ausbilder auf Nachfrage, dass es „kein verbindliches Konzept“ gebe, kein Verbot von Einsatzmitteln, sondern lediglich „Hinweise, wie man sich verhalten könnte.“
Somit ist polizeiliches Handeln kaum verbindlich und genießt gleichzeitig einen weiten Spielraum.

Als zweiter Zeuge am 02.09. sagte ein Rechtsmediziner, der außerdem seit 2017 Berater der Taser- und Bodycam-Produktionsfirma Axon ist, aus.
Deutlich wurde, dass sich in der Diskussion der Gewaltmittel im Gerichtssaal Aufklärung über Gewaltmittel, Waffen und strategische Werbung für diese nicht trennscharf unterscheiden lassen, sowie, dass seitens der Polizei keine belastbare Datengrundlage über die Risiken und Gefahren eingesetzter Gewaltmittel vorliegt. Das Gutachten des Rechtsmediziners weist nach, dass Mouhamed durch die Taser starke Schmerzen gehabt haben muss, aber nicht bewegungsunfähig gemacht worden ist.

Am achtzehnten Prozesstag am 04.09.2024 wurde die Aufnahme des Polizeinotrufs, den die Jugendhilfeeinrichtung abgesetzt hatte, im Gerichtssaal abgespielt. Dadurch wodurch kein Beitrag zur Ermittlung des Sachverhalts geleistet, dieser ist längst bekannt, jedoch für alle Anwesenden im Gerichtssaal, auch für die Brüder von Mouhamed, wurde ein sehr realistischer Eindruck und zugleich eine unmittelbare Dokumentation von der Situation des Einsatzes empfindbar. Entsprechend kamen die meisten Anwesenden nach dem Anhören der Aufnahme betroffen bis verstört aus dem Gerichtssaal.

In dieser Folge kommen zu Wort:
Lisa Grüter (Anwältin der Nebenklage)
Britta Rabe (Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.)
Alex (Solikreis Justice 4Mouhamed) und
ein Berater von BackUp NRW, einer Beratungsstelle für Opfer rechtsextremer, rassistischer und antisemitischer Gewalt.

Link zur Sonderfolge „Presseschau zum Prozess im Fall der Tötung von Mouhamed Lamine Dramé“:
https://radio.nrdpl.org/2024/08/22/presseschau-zum-prozess-im-fall-der-toetung-von-mouhamed-lamine-drame/

NO JUSTICE
NO PEACE